Konflikte im Team frühzeitig erkennen – 12 Frühwarnzeichen (bevor die Konflikt-Eskalation beginnt)
Die unbequeme Wahrheit: Teamkonflikte kommen nicht aus dem Nichts. Sie kündigen sich an – leise, subtil, oft unter dem Radar.
Zwei Gespräche. Zwei Welten.
Ein Beispiel aus meiner Praxis mit einem Geschäftsführer-Team
Aus meinem Erst- Gespräch mit dem Geschäftsführer 1:
„Ich bin komplett gestresst. Ich schlafe nachts nicht mehr. Ich fühle mich an der Belastungsgrenze.“
Aus meinem Erst- Gespräch mit dem Geschäftsführer 2:
„Konflikt? Nein, haben wir nicht. Wir haben halt unterschiedliche Ansichten. Ja, wir schreien uns ab und zu mal an – aber das ist doch total normal, oder?“
Willkommen in der Grauzone.
Die Zone, in der du dir nicht sicher bist:
→ „Ist das schon ein Konflikt – oder haben wir einfach unterschiedliche Meinungen?“
→ „Sollten wir darüber reden – oder machen wir das Thema größer als es ist?“
→ „Vielleicht gibt sich das von selbst…“
Und während du dir diese Fragen stellst, verschleppt sich der Konflikt. Aus Unsicherheit. Aus Hoffnung. Aus dem Irrglauben, dass „professionell bleiben“ bedeutet, nichts anzusprechen.
Das Ergebnis?
Ein Geschäftsführer, der innerlich längst gekündigt hat. Der andere, der aus allen Wolken fällt. Und ein Team, das seit Monaten die Spannung spürt – aber nicht weiß, was los ist.
Das Problem ist nicht, dass wir sie nicht sehen. Sondern dass wir nicht wissen, wonach wir schauen sollen.
Die meisten Führungskräfte und Unternehmer bemerken Konflikte im Team erst, wenn sie bereits eskaliert sind. Wenn Fronten verhärtet sind. Wenn Teams sich in Lager aufgeteilt haben. Wenn sich Konflikte nicht mehr verleugnen lassen.
Dabei gibt es eine Phase davor – eine Frühphase nach Friedrich Glasl (Eskalationsstufen 1-2), in der Konflikte noch im Win-Win-Bereich liegen. Wo Vertrauen noch nicht nachhaltig beschädigt ist. Wo ein klärendes Gespräch noch reicht – statt einer Mediation im Team.
Die Kunst liegt darin, sie zu sehen. Bei dir selbst. Und in deinem Team.
Die 12 Frühwarnzeichen für Konflikte im Team
Diese Signale zeigen dir: Hier braucht es Aufmerksamkeit – bevor die Konflikt-Eskalation richtig Fahrt aufnimmt.
Ich habe die Frühwarnzeichen bewusst in zwei Perspektiven aufgeteilt:
- Bei dir: Was du bei dir selbst wahrnehmen kannst (oft leichter zu erkennen)
- Im Team: Was du bei anderen beobachten kannst (manchmal sichtbarer von außen)
Energieverlust & innerer Widerwillen
- Bei dir: Du prokrastinierst Gespräche mit bestimmten Personen, spürst inneres Augenrollen bei deren Namen im Kalender; nach manchen Gesprächen fühlst du dich wie ausgelaugt.
- Im Team: Leute kommen zu spät zu Meetings mit bestimmten Kollegen, „vergessen“ Termine, oder haben Informationen nicht weitergeleitet
Themen werden gemieden
- Bei dir: Du merkst, dass du um bestimmte Themen „drumherum redest“ oder sie auf die lange Bank schiebst
- Im Team: Bestimmte Themen tauchen nicht mehr in Agenden auf, obwohl sie relevant sind; „das besprechen wir später“ oder „dafür haben wir heute keine Zeit“
Veränderte Kommunikationswege
- Bei dir: Du informierst plötzlich per E-Mail statt im direkten Gespräch, nutzt CC strategischer
- Im Team: Informationen fließen über Umwege, Flurfunk nimmt zu, „hast du das gewusst?“ häuft sich
Humorverlust in Interaktionen
- Bei dir: Witze mit bestimmten Personen fühlen sich gezwungener an als früher, du merkst, dass du zunehmend vorsichtiger wirst.
- Im Team: Die Leichtigkeit ist spürbar weg, weniger Lachen in Meetings, es kommt jetzt öfters mal zu angespannter Stille
Sprache wird präziser bzw. juristischer
- Bei dir: Du formulierst E-Mails dreimal um, dokumentierst mehr, denkst „das könnte ich später brauchen“ (auch bekannt als „cover your a**“-Strategie)
- Im Team: Mehr schriftliche Bestätigungen, „wie besprochen“, „zur Sicherheit nochmal“, CCs nehmen zu, der Verteiler wird größer
- Interpretationen häufen sich
- Bei dir: Du erwischst dich dabei, Aussagen öfters negativ zu deuten („War das jetzt gegen mich gerichtet?“)
- Im Team: „Was hat sie damit wohl gemeint?“, Spekulationen in Einzelgesprächen, Unterstellungen nehmen zu; die berühmt-berüchtigte Kaffeeküchen-Gespräche nehmen zu.
- Körperliche Signale
- Bei dir: Verspannungen vor bestimmten Meetings, schlechter Schlaf, Grübeln über bestimmte Arbeitsthemen
- Im Team: Veränderte Körpersprache (verschränkte Arme, abgewandter Blick, Augenrollen), räumliche Distanz nimmt zu
- Selektive Wahrnehmung
- Bei dir: Du erinnerst dich vor allem an negative Interaktionen und Fehler bei einer Person, positive Beiträge der Kollegin fallen dir schwer ein
- Im Team: Ideen werden unterschiedlich aufgenommen je nachdem, wer sie äußert; Beiträge werden übergangen
- Zeitliche Verschiebungen
- Bei dir: Du erwischst dich dabei, deine Anwesenheit anders zu planen, um bestimmten Kolleg:innen aus dem Weg zu gehen (Home Office an bestimmten Tagen), meidest gemeinsame Mittagessen
- Im Team: Subgruppen beim Mittagessen, getrennte Kaffeepausen, „zufällig“ nicht gleichzeitig anwesend
- Entscheidungsverzögerungen
- Bei dir: Du zögerst bei Entscheidungen, die bestimmte Personen betreffen, suchst nach „noch mehr Informationen“, bei einigen Entscheidungen willst du dich nicht festlegen lassen, getroffene Entscheidungen werden von dir oder deinen Kollegen öfters wieder aufgemacht.
- Im Team: Entscheidungen werden vertagt, „müssen wir nochmal besprechen“, klare Beschlüsse fehlen bei bestimmten Themen, manche Entscheidungsprozesse dauern ewgi
- Verhärtete Positionen
- Bei dir: Du merkst, dass du in Diskussionen mit deinem Partner immer wieder dieselben Argumente bringst. Früher konntest du deine Meinung ändern, wenn ein gutes Gegenargument kam. Jetzt? „Ja, aber…“ ist dein Standardeinstieg.
- Im Team: Zwei Personen drehen sich im Kreis mit denselben Argumenten („wie ich schon sagte“), niemand bewegt sich, der Rest schweigt resigniert
- Wiederkehrende Missverständnisse
- Bei dir: Du erklärst zum dritten Mal dasselbe – und er versteht es wieder falsch.
- Im Team: Dieselben Themen tauchen immer wieder auf, obwohl sie geklärt waren.
Und jetzt? Konflikte im Team lösen – Deine nächsten Schritte
Drucke diese Liste aus oder nutze sie in deinen nächsten Meetings, Weeklies oder Retros. Gib 2 Personen im Team die Verantwortung, auf diese Indikatoren zu achten.
Faustregel: Wenn 3 oder mehr dieser Frühwarnzeichen bei euch präsent sind, ist das kein Zufall mehr – es ist ein Muster.
Und Muster eskalieren, wenn du sie ignorierst.
Die gute Nachricht: In dieser Phase (Glasl Stufe 1-2) lässt sich noch präventiv gegensteuern. Bevor Positionen zementiert sind. Bevor Vertrauen nachhaltig beschädigt ist. Bevor aus einem Teamkonflikt eine ausgewachsene Krise wird.
Ein klärendes Gespräch reicht jetzt noch – statt Mediation im Team oder aufwendiger Krisenintervention später.
Was du NICHT tun solltest (häufige Fehler)
❌ Warten, bis es „wirklich schlimm“ ist
❌ Denken „Das geht von allein weg“
❌ Nur darüber reden, nichts tun
❌ Die Schuld bei anderen suchen
Willst du wissen, wo ihr wirklich steht? Mein → Conflict Pathfinder zeigt dir in 10 Minuten, auf welcher Eskalationsstufe dein Konflikt liegt – und welche konkreten nächsten Schritte jetzt sinnvoll sind.
So nutzt du die Checkliste effektiv
Für dich selbst:
- Nimm dir 10 Minuten Ruhe, geh die Liste durch
- Kreuze spontan an, was zutrifft (nicht overthinking!)
- Wenn 3+ Punkte angekreuzt: Zeit für ein klärendes Gespräch
Für dein Team:
- Teile die Liste vor dem nächsten Meeting
- Jeder kreuzt anonym für sich an
- Besprecht gemeinsam: Wo sehen wir Muster?
- Vereinbart 1-2 konkrete Sofortmaßnahmen
Download: Deine Checkliste zur Früherkennung
Hol dir die komplette Checkliste als PDF – inklusive:
✓ Alle 12 Frühwarnzeichen mit Beispielen
✓ Selbstreflexions-Fragen
✓ Do’s & Don’ts
✓ Anleitung für Team-Anwendung
👉 [Lass dir dir Checkliste zuschicken]
Und jetzt? Deine nächsten Schritte
Konflikte in der Frühphase (Glasl Stufe 1-2) zu erkennen, ist die halbe Miete. Die andere Hälfte: Ins Handeln kommen.
Hier sind drei konkrete nächste Schritte:
Schritt 1: Standortbestimmung Was kosten dich ungelöste Teamkonflikte?
Wo steht ihr wirklich? Und was kostet dich das Wegschauen? **Konfliktkosten** sind oft unsichtbar – aber massiv: Produktivitätsverlust, Fluktuation, Krankenstand, verpasste Chancen. 👉 **[Nutze den Konfliktkosten-Rechner] – und sieh in 5 Minuten schwarz auf weiß, was dich ungelöste Konflikte im Team wirklich kosten.
Nutze außerdem meinen Conflict Analyzer (in Arbeit -> bei Interesse melde dich bei mir) (10 Minuten), um herauszufinden, auf welcher Eskalationsstufe ihr seid – und welche konkreten nächsten Schritte jetzt sinnvoll sind.
Schritt 2: Ein klärendes Gespräch führen
Wenn 3+ Frühwarnzeichen präsent sind, sprich es an. Ich-Botschaften helfen dir dabei:
„Wenn [konkrete Beobachtung], bin ich [Gefühl], weil mir [Bedürfnis] wichtig ist. Könnten wir [konkrete Bitte]?“
Beispiel:
„Wenn unsere Besprechungen zu X immer wieder verschoben werden, bin ich unsicher, weil mir Klarheit wichtig ist. Könnten wir uns 30 Minuten Zeit nehmen, um das Thema abzuschließen?“
Schritt 3: Hol dir Unterstützung -Konfliktcoaching oder Mediation im Team
Ab Eskalationsstufe 3 (oder wenn interne Versuche stocken) ist es sinnvoll, externe Unterstützung zu holen – entweder eine interne Person mit entsprechender Erfahrung oder eine externe Konfliktcoachin.
Professionelle Team-Mediation bringt Struktur, Sicherheit und Tempo in die Gespräche zurück – ohne „Schuldige“ zu suchen.
Gerade bei Konflikten im Führungsteam kann ein neutraler Dritter entscheidend sein: Jemand, der beide Seiten hört, die Dynamik versteht und den Weg zu tragfähigen Lösungen ebnet.
👉 Lass uns sprechen – in einem unverbindlichen Erstgespräch schauen wir gemeinsam, wo ihr steht und was als Nächstes wirklich Sinn macht.
Das Wichtigste zum Schluss – Das Wichtigste zum Schluss: Konfliktmanagement im Führungsteam beginnt mit Früherkennung
Aus meiner 25-jährigen Erfahrung mit Gründerteams und Führungsteams habe ich gelernt: Die kleinen Interventionen, die erst einmal unscheinbar wirken, sind auf Dauer am wirksamsten.
Es müssen nicht immer die großen Maßnahmen sein.
Ein aufmerksamer Blick. Ein klärendes Gespräch. Ein strukturierter Raum für Reflexion.
Das sind die Dinge, die Teams langfristig resilient und innovativ machen.
Die Kunst liegt darin, die Signale zu sehen – bevor sie zu Alarmsirenen werden.
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Über mich: Sandra Kramer-Kowalzik
Ich bin Konfliktcoachin und Mediatorin mit 25 Jahren Erfahrung in der Arbeit mit Führungsteams und Gründern. Mein Fokus liegt auf der Früherkennung und Prävention von Teamkonflikten – weil frühe Intervention effektiver ist als dysfunktional eskalierte Konflikte.
Wachstum bringt Reibung. Unausgesprochene Erwartungen. Unklare Rollen. Große Visionen vs. Alltagsdruck. Wenn euer Führungsteam feststeckt: Es gibt keine Abkürzung – aber wirksame Wege. Ich helfe Führungsteams, die nicht mehr weiterkommen. Bevor aus Knirschen ein Crash wird.