Achtsamkeit oder Mindfulness gewinnt langsam aber sicher an Anerkennung als hilfreiche Methode und Leadership-Tool in der Geschäftswelt. Langsam wird es salonfähig. Und das aus gutem Grund, denn die Vorteile sind vielfältig und wissenschaftlich belegt. Doch trotz seiner zunehmenden Beliebtheit stoße ich immer noch auf Manager und Führungskräfte, die noch ihre Berührungsängste damit haben. Es ist, als fürchteten sie, sich mit einem „esoterischen“ Virus zu infizieren oder als „Weichei“ abgestempelt zu werden.
Die Verpackung macht den Unterschied – wenn ich in Teamcoachings oder Teambuilding Workshops anstatt eine „Meditation“ einen „Bodyscan“ anbiete, steigt die Bereitschaft, es auszuprobieren. Ich muss dazu sagen, dass meine Coachings mit Executives und Unternehmern – immer noch- stark männlich geprägte Runden sind, denen Berührungspunkte zu Themen wie Yoga, Meditation und ähnlichen Ansätzen bisher eher fehlen (Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel).
Vor zehn Jahren hätte der Vorschlag in Teamcoachings bzw. Teambuilding Workshops zu meditieren noch für Aufruhr gesorgt und ich wäre mit großer Sicherheit nicht mehr gebucht worden. Heute ist es ein Werkzeug, das ich regelmäßig z. B. zu Beginn meiner Coaching-Sitzungen oder vor Team-Reflektionen anbiete, um einen Raum der Ruhe zu schaffen. Ich biete es als Experiment an, als leichtfüßiges „Ausprobieren“ und „sich darauf einlassen“, damit jeder Teilnehmer für sich ausprobieren kann, ob es passt – und siehe da, in dem geschützten Rahmen des (Team-)Coachings sie sind offen dafür.
Die Vorzüge von Achtsamkeitstrainings sind weit mehr als die Prävention und Reduktion von Burnout. Sie bieten eine feste Basis für Entscheidungen. Achtsamkeitspraktiken wie Meditation stärken die Verbindung zwischen Bauch und Kopf – dem Sitz unserer Erfahrungen und unserem rationalen Denken. Aus dieser ruhigen Mitte heraus können Informationen aus allen Gehirnteilen – den bewussten und unbewussten – besser integriert werden. Wenn ich „bei mir“ bin und nicht „außer mir“, treffen ich bewusstere Entscheidungen, ein wahrer Vorteil in einer Welt, in der wir oft unter Zeitdruck stehen und nicht alle Fakten zur Verfügung haben.
Neurowissenschaftlich betrachtet, unterstützt Achtsamkeit die Funktion des präfrontalen Kortex, die Region, die für bewusstes Denken und Planen zuständig ist. Sie dämpft gleichzeitig die Aktivität der Amygdala, bekannt für die Auslösung unserer Stressreaktion (früher Überlebensmechanismus: Freeze, Fight, Flight). Diese „Beruhigung“ der Amygdala führt zu einer reduzierten Reizbarkeit und erhöhten Stressresistenz, was insbesondere in Führungspositionen entscheidend ist.
Auch im Rahmen der agilen Transformationen, die jetzt in vielen Unternehmen Einzug erhalten, braucht es neben den agilen Tool, vor allem ein agiles Mindset. Ein „agiles“ Mindset – auch Growth Mindset genannt – sieht Veränderung als Chance. Dafür braucht es die Bereitschaft, sich neuen Perspektiven zu öffnen. Mutig Neues auszuprobieren, auch wenn es nicht in das bisherige Weltbild passt, ist heute essenzieller denn je. Unternehmen wie Google, SAP und die Sparda-Bank integrieren Achtsamkeit bereits erfolgreich in ihren Managementalltag.
Mindful Leadership geht über das bloße Verstehen von Achtsamkeit hinaus – es geht darum, diese Prinzipien in Führung und Unternehmensalltag zu integrieren. Führungskräfte, die Achtsamkeit praktizieren, berichten von gesteigerter Klarheit in ihrer Kommunikation, verbessertem Fokus und einer tieferen Verbindung zu ihren Kollegen und Teams.
Dabei sind es vor allen Dingen 2 Aspekte, die eine Rolle spielen:
- Präsenz: Achtsame Führungspersönlichkeiten, die ganz im Moment und bei sich sind, sind gleichzeitig bei ihren Mit-Entscheidern, Kunden und Mitarbeitern, was zu einer authentischeren und empathischeren Zusammenarbeit führt.
- Reaktionsfähigkeit statt Reaktivität: Durch Achtsamkeitspraxis lernen Führungskräfte, auf Herausforderungen besonnen zu reagieren, anstatt im „Autopilot“-Modus impulsiv zu handeln.
Neue Zeiten und neue Herausforderungen brauchen neue Ansätze (auch wenn die Meditation eine Jahrtausende alte Praxis ist) – solche, die man sich früher vielleicht nicht einmal vorstellen konnte.
Ganz nach dem Motto: „Mindful“ oder „mind full“.
Und hier noch zwei Achtsamkeitsübungen für Führungskräfte:
- Achtsame Atemmeditation:
- Setze Dich für fünf Minuten ruhig hin, schließe die Augen und konzentriere Dich nur auf Deinen Atem.
- Beobachte den Rhythmus Deiner Ein- und Ausatmung. Wenn Gedanken aufkommen, nehme sie war und lenke Deine Aufmerksamkeit sanft zurück zum Atem. Mir persönlich hilft das Bild des blauen Himmels (unser Geist), an dem große und kleine Wolken vorbeiziehen und es manchmal auch starke Bewölkung, aber der blaue Himmel ist immer da.
Diese Praxis hilft, den Geist zu zentrieren und Stress abzubauen, und fördert eine gelassene Herangehensweise an den Führungsalltag
- Walking Meditation für Meetings:
- Vor einem Meeting ein paar Minuten zügig gehen und dabei bewusst den Kontakt der Füße mit dem Boden spüren.
- Achte auf die Bewegung Deines Körpers, das Heben und Senken Deiner Füße, die frische Luft beim Atmen.
Diese Form der Meditation fördert die körperliche und mentale Wachheit und kann vor Entscheidungsfindungen für Klarheit sorgen.